„Mietenstopp“ – Rechts- und verfassungswidriger Beschluss des Nationalrates
Ersuchen um Verweigerung der Beurkundung des Gesetzesbeschlusses, konkret des 4. MILG.
Wien, am 16.3.2025
Sehr geehrter Herr Bundespräsident Prof. Dr. Van der Bellen!
Mein verfassungsrechtlicher „Lehrmeister“ Ludwig Adamovich hat mich bei einem Hofburgbesuch vor Jahren ermutigt, in der Verfinsterung der Grundrechte zu Eigentum, Gleichheit und Erwerbsfreiheit nicht locker zu lassen und immer wieder sachlich auf das Jahrhundertunrecht hinzuweisen.
Im Sinne von Prof. Dr. Adamovich haben wir auch Rechtsgutachten (Prof. Dr. Müller und Prof. Dr. Schröder der UNI Innsbruck sowie von Prof. Dr. Keuschnigg der UNI St. Gallen) eingeholt, die unseren Rechtsstandpunkt bestätigen.
Aktuell geht es um den kürzlich im Nationalrat beschlossenen „Mietenstopp“, der mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit als rechts- und verfassungswidrig einzustufen ist. Im Wesentlichen richtet er sich gegen ca. 10.000 Wiener Altbau-Eigentümer, die gesetzlich keinen Lagezuschlag verrechnen dürfen. Die Eigentümer sind dem lt. Prof. Müller (UNI Innsbruck) diskriminierenden Wiener Richtwert ausgesetzt und haben zudem noch die Last von ca. 70.000 Altmietverträgen zu tragen. Die Einkommensmischung aus dem diskriminierenden Wiener Richtwert und den Altmietverträgen führt zu Durschnitts-Mieteinnahmen von ca. 4,50 Euro (!) Nettomiete pro Quadratmeter.
Mit diesen Einnahmen kann die über 100 Jahre alte Bausubstanz nicht ordentlich erhalten werden, und es ist auch kein angemessener Gewinn möglich.
Es sei noch einmal in Erinnerung gerufen, dass diese ca. 10.000 Wiener Altbaueigentümer, die gesetzlich keinen Lagezuschlag verrechnen dürfen, schon über 100 Jahre vom Gesetzgeber ohne staatliche Ausgleichsmaßnahmen zu Sozialtarifen gezwungen werden. In der beigeschlossenen OTS-Aussendung finden sich weitere Erklärungen.
Dieses Jahrhundertunrecht gegenüber einer Berufsgruppe muss als bislang unbefristeter Willkürakt politischer Natur angesehen werden, der im Sinne von Prof. Adamovich wie auch im Sinne der Uni-Prof. Müller und Keuschnigg eine Reihe von verfassungsrechtlichen Bedenken auslöst.
Ein bestehendes Unrecht kann nicht ohne Substanzveränderung durch einen NR-Beschluss in „Recht“ umgewandelt werden!
Der Nationalratsbeschluss vom 7.3.2025 wird durch den „Mietenstopp“ die ca. 10.000 Wiener Altbaueigentümer als einzige Berufsgruppe in Österreich schwer belasten.
Die weltweit einmalige Wiener Altbaukultur wird durch fehlende Investitionsmittel einen weiteren Rückschlag erleiden. Auf unsere Bemühungen zur Stadtbilderhaltung Wien darf hingewiesen werden.
Der Nationalratsbeschluss vom 7.3.2025 ist daher mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit als rechts- und verfassungswidrig anzusehen, er steht auch im Gegensatz zur Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte:
„Soziale Aufgaben und finanzielle Lasten dürfen nicht einfach einer sozialen Gruppe (konkret Altbaueigentümer) aufgebürdet werden, egal wie bedeutsam die Interessen der anderen Gruppe (konkret der Mieterschaft) oder der Gemeinschaft sein mögen.“
Stellvertretend für ca. 10.000 Wiener Altbaueigentümer ersuche ich Sie, sehr geschätzter Herr Bundespräsident, die Beurkundung des Gesetzesbeschlusses betr. das 4. MILG aufgrund der nachhaltigen Defizite (Diskriminierung einer Berufsgruppe, Widerspruch zur Judikatur des EGMR) zu verweigern.
Beilage: OTS-Aussendung vom 11.3.2025
Mit vorzüglicher Hochachtung
Kaspar ERATH, Obmann, e.h.